NIEDERLANDE (ZEELAND) 3D: Dünen, Deiche und Delizien

Auf Entdeckungsreise an den südwestlichen Küsten der Niederlande in der Provinz Zeeland: der Erde des ewigen Kampfes der Niederländer gegen das Wasser. Zwischen Dämmen, Deichen, Sandküsten und ungeahnten gastronomischen Spezialitäten mit Scholle, dem berühmtesten Plattfisch der Niederlande.
  

Als mir vorgeschlagen wird, für einen Bericht über die Scholle nach Holland zu fahren,  werde ich neugierig. Ist die Scholle nicht dieser Fisch, der auf Diätplänen steht? Natürlich. Denken Sie auch an die Schollenfilets, die man tiefgefroren kauft? Gut. Vergessen Sie das Ganze; denn in den Niederlanden ist Scholle etwas Seriöses und um diesen typischen Plattfisch aus der Nordsee herum blüht ein großer Business und eine hervorragende Gastronomie. Alles beginnt in der Provinz Zeeland, einem Gebiet, das nicht nur für seine bewundernswerten Bauten auf dem Meer, die Deltawerke und die Tatsache bekannt ist, dass die Siedler aus dieser Gegend einer eben entdeckten Erde am anderen Ende der Welt seinen Namen – Neuseeland – gaben, sondern auch für die berühmten Früchte seines Meeres: Austern, Miesmuscheln und, wie gesagt, die Scholle. In  

Amsterdam angekommen, geht es weiter Richtung Süden, an Rotterdam vorbei, wo uns eine großartige Stadt erwartet mit einer Skyline, die einer amerikanischen Metropole in nichts nachsteht. Wir machen in der Stadt halt, um Schmidt Seafood, den größten Fischmarkt des Landes zu besuchen. Hier kommt das frische Produkt aus allen Meeren der Welt an und in wenigen Stunden steht es bereits auf den Tischen der Restaurants in Rotterdam, in ganz Holland und halb Europa, einschließlich Italien. Weiter geht es gen Süden auf die Halbinsel Zuid Beveland, bis nach Middelburg, der reichen Provinzhauptstadt mit viel Fischindustrie. Dies ist das Land des ewigen Kampfes der Niederländer gegen das Meer, das Land der Dämme, Deiche und Polder (dem Meer zum Ackerbau abgewonnenes Marschland); man darf nämlich nicht vergessen, dass sich ein Viertel des Landes unterhalb des Meeresspiegels befindet und gerade das Deltagebiet, wo Rhein, Maas und Schelde ins Meer fließen, ist eine der “heißen” Gegenden, auf die sich die Anstrengungen der Niederländer konzentriert haben, um den Angriff des Wassers zurückzuhalten.  

Unser Weg führt weiter in Richtung Zierikzee, über die Zeeland Brug, knapp 10 Kilometer Straße über dem Wasser, wo Himmel und Meer am Horizont ineinander übergehen und ein Gefühl des Schwebens verleihen. Man hat den Eindruck, dass Ordnung und Sauberkeit überall regieren, und nach einer Weile dämmert der Grund hierfür: weit und breit kein Einkaufszentrum und keine Werbeplakate. Über eine Ebene voller Sümpfe und Ackerland, ideale Zwischenstation für große Schwärme von Zugvögeln, kommen wir nach Renesse, auf die Insel mit dem fast unaussprechlichen Namen Schouwen Duiveland. Hier gibt es ein Restaurant, in dem sich eine Rast lohnt. Das l’Arc en Ciel, welches sich unter Leitung des jungen Küchenchefs Raymond Broekhuis einen Ruf geschaffen hat, der Gäste aus der gesamten Region und auch aus Rotterdam und Amsterdam anzieht, die hierhin schwärmen, um die kreativen Fischrezepte von Raymond zu genießen. Wir fahren weiter Richtung Norden nach Scheveningen, dem Seebad von Den Haag mit schönen Häusern und baumbewachsenen Alleen. Direkt gegenüber des Touristenhafens mit seinen vielen Segelbooten steht ein altes Gebäude, welches bis 1963 Sitz der Fischmärkte war. Heute sind das alles Restaurants und das Harbour Club Restaurant hier dürfen Sie sich nicht entgehen lassen. Modernes techno-chices Ambiente, ganz in Holz und Eisen, mit dezenter Hintergrundmusik. Am Eingang steht eine Fischtheke, an der die Gäste Ihre Lieblingsspeise aussuchen können. Auch hier ist der Chefkoch ein junger Niederländer, John van de Put, der mit Meeresprodukten zaubern kann. Am nächsten Tag fahren wir langsam weiter an den niedrigen Sandküsten der Provinz Südholland hoch und genießen das heitere, ruhige Meerespanorama, das für die Nordsee außerhalb der Saison so typisch ist. Nun geht es nach IJmuiden, letzte Etappe unserer Reise, wo wir gegen Abend ankommen. Schornsteine, Schiffe, die Rufe der Möwen, das flache Licht des Sonnenuntergangs, alles typisch für einen nordeuropäischen Hafen. Im Hafenbereich liegt eins der besten Restaurants dieses wenig bekannten Ortes: das Kop Van de Haven. Von seinen großen Fenstern, die auf den Hafenkanal gehen, kann man die aus- und einfahrenden Fischerboote beobachten. Währenddessen bereiten der Küchenchef Dick Wos und sein Team auf heißen Platten und in dampfenden Töpfen Schmackhaftes aus Meeresfrüchten, Fisch und vor allem Scholle her.
  

Deltapark Neeltje Jans

Die Sturmflutkatastrophe von 1953 hat die Niederländer viel gelehrt. Damals zerstörten die über fünf Meter hohen Wellen einen Großteil der südwestlichen Küsten des Landes mit zahlreichen Opfern und unermesslichen Schäden. Seit jenem Tag begannen die systematischen Schutzmaßnahmen, die im Jahr 1986 zur Eröffnung des Damms am Fluss Schelde führte, einem Monumentalbau, welcher das Risiko neuer Überschwemmungen praktisch ausschließt. Heutzutage kann man dieses Wunder moderner Ingenieurskunst im Deltapark Neeltje Jans www.neeltjejans.nl besichtigen und das Innere der Betonstruktur betreten, die das Wasser der Schelde kontrolliert. Es handelt sich um ein sehr bedeutendes Gebiet für die Niederländer, die hier seit jeher Fischfang betreiben. Insbesondere werden Austern und Miesmuscheln gezüchtet, gefischt werden vorwiegend Aal und Plattfische wie Seezungen und Schollen.  

Die Scholle, der Fisch mit den orangefarbenen Flecken:  

Die Scholle (Pleuronectes platessa) ist der bekannteste Plattfisch der Niederlande und kann eine Länge von bis zu einem Meter und ein Gewicht von 7 kg erreichen! Um die Spezies zu schützen, begrenzen die niederländischen Gesetze den Fang auf Exemplare von mindestens 35 cm Länge. Sie laichen im Winter, vorwiegend an den niederländischen Küsten der mittleren und südlichen Nordsee. Wie die Seezunge und der Steinbutt ist die Scholle ein so genannter Plattfisch und zeichnet sich durch schöne orangefarbenen Flecken auf der dunklen Augenseite aus. Die beste Fangsaison für diesen Fisch ist der Herbst, wenn ihr Fleisch besonders schmackhaft ist. Im Winter dagegen, während der Laichperiode, ist der Schollenfang verboten. Ihr Lebensraum ist die Nordsee. Die größten Verarbeitungsfirmen für diesen Fisch befinden sich in Urk, IJmuiden, Bunshoten-Spakenburg und Lemmer. Hier werden die Schollen größtenteils in modernen Anlagen filetiert und dem Kunden tiefgefroren oder frisch geliefert.  

Text und Fotos von Lucio Rossi

    

     

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